Soziale Dienste und Glaubensgemeinschaften 

 

 

Soziale Dienste und Glaubensgemeinschaften - Pfade regionaler Wohlfahrtsproduktion

Das Projekt ‚Soziale Dienste und Glaubensgemeinschaften – Pfade regionaler Wohlfahrtsproduktion‘ setzt an einem doppelt zu identifizierenden Forschungsdefizit an: Einerseits werden kaum Studien durchgeführt, die einen Fokus auf die regionale Wohlfahrtserbringung legen und deren Pfadabhängigkeit untersuchen, andererseits sind selten Forschungsarbeiten zu finden, die das ‚Zusammenspiel‘ der unterschiedlichen Akteure in der Wohlfahrtserbringung und die darin deutlich werdende Bedeutung und Struktur verschiedener Glaubensgemeinschaften herausarbeiten.

Unter Wohlfahrtserbringung wird in Anlehnung an Franz-Xaver Kaufmanns Begriff der ‚Wohlfahrtsproduktion‘ ein auf mehreren Ebenen rekonstruierbarer Prozess verstanden, der in der Regel den Staat, die Erwerbswirtschaft, den Wohlfahrtssektor und die Privathaushalte involviert. Mit dem Begriff der ‚Erbringung‘ sind jedoch in einer deutlicheren Weise sowohl Bezüge zu professionellen als auch zu nicht-professionellen Erbringungskontexten Sozialer Dienstleistung gekennzeichnet. Eine regionale Wohlfahrts-erbringung wird dabei im Zusammenspiel der jeweiligen sozialen Infrastruktur, den Trägerebenen sowie dem fachlichen Selbstverständnis der Akteure in Sozialen Diensten sichtbar.

 

Unter einer pfadtheoretischen Perspektive und mit Hilfe eines Mixed-Method-Designs werden die Repräsentanzen, Bedeutungen und Etablierungsprozesse von Glaubensgemeinschaften in der regionalen Wohlfahrtserbringung untersucht. Die Untersuchung der Repräsentationen von Glaubensgemeinschaften in den Pfaden der regionalen Wohlfahrtsproduktion findet auf Basis verschiedener, in drei Untersuchungsregionen parallel stattfindender Erhebungsschritte statt. Zu diesen Schritten gehören Sekundäranalysen vorhandener Statistiken, Daten und Dokumente, narrative Interviews und qualitative Netzwerkanalysen, Expert*inneninterviews sowie eine (Online-)Fachkräftebefragung. Die Untersuchungsregionen‚ westdeutsche multikulturelle Großstadt‘  (‚Großstadt‘)‚ ‚ostdeutscher ländlicher Raum ohne religiöse Bindung‘  (‚Oststadt‘) und ‚westdeutscher ländlicher Raum mit überwiegend katho-lischer Bevölkerung‘ (‚Weststadt‘) lassen dabei aufgrund ihrer jeweils unterschiedlichen historischen Entwicklung, einer differenten Bevölkerungsstruktur sowie einer je spezifischen Angebotsstruktur sozialer Dienstleistungen eine hinreichend große Bandbreite regionaler Entwicklungen in der sozialen Dienstleistungsinfrastruktur erwarten.

 

In einem abschließenden Schritt werden die Ergebnisse der vorausgehenden Erhebungen in den drei Untersuchungsregionen in einer Analyse der Pfadabhängigkeit regionaler Wohlfahrtserbringung zusammengeführt und interpretiert. Im Rahmen dieser Rekonstruktion der historischen Entwicklung der regionalen Wohlfahrtserbringung wird danach gefragt, wie sich Repräsentationen von Glaubensgemeinschaften abbilden, durch welche Mechanismen diese reproduziert bzw. verstärkt werden und welche relevanten Ereignisse zu Veränderungen auf struktureller und konzeptioneller Ebene führen.